Groß werden.

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Seit fast genau fünf Jahren wohne ich nun schon alleine.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie es war, als ich ENDLICH ausziehen durfte. Am liebsten wäre ich ja schon mit 16 ausgezogen, aber das geht ja nun mal nicht, wenn man noch nicht volljährig ist.

Das lag allerdings ganz und gar nicht daran, dass ich mich zu Hause nicht wohl gefühlt hätte – im Gegenteil, ich liebe unser Zuhause – allerdings war die Wanderlust einfach viel größer und die Neugier auf die Welt, auf große Städte, neue Menschen, und was sich dahinter verbirgt.

Ich wollte morgens mit einem Kaffee in der Hand auf dem Dach sitzen und dem Trubel der aufwachenden Großstadt zuschauen, mir den Weg durch überfüllte U-Bahnen suchen, hohe Schuhe und Hüte tragen, wenn ich es möchte, die Welt retten, andere Veganer kennenlernen und nachts barfuß auf dem von hellen Laternen beschienenen Dreck der schlafenden Großstadt nach Hause tanzen.

Ich wollte am liebsten nach Berlin, denn damit konnte ich mich identifizieren. Eine WG im Altbau, mit genauso chaotischen Mitbewohnern wie ich es bin, einem WG-Hund, ein Tattoo und ein Café um die Ecke mit freiem WLAN, in dem man seine Bachelorarbeit schreiben kann, während man von coolen, gut gekleideten Großstädtern mit gutem Geschmack umgeben ist.

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Doch wenn man dann wirklich mal alleine wohnt, dann vergisst man vieles, was zu Hause so selbstverständlich ist:

Die Wäscheberge, die bei Mama gar nicht erst entstehen, sich bei mir aber über Wochen ansammeln, bis sie dann genervt in die viel zu kleine Waschmaschine geworfen werden und bei denen immer irgendeine Socke verloren geht.

Der Kaffee morgens auf dem Dach am Fenster geht auch nur dann, wenn man früh genug aufsteht – denn ansonsten ist es genauso stressig wie zu Schulzeiten, man muss um spätestens halb 9 in der Uni, vor dem Bildschirm oder im Büro sitzen, um die Aufgaben zu bewältigen und abends noch eine kleine Portion Freizeit zu haben.

U-Bahnen gibt es nur, wenn man wirklich in Berlin oder Hamburg oder anderen großen Großstädten wohnt, und nicht im beschaulichen Münster, meiner Wahlheimat, die sich in 20 Minuten mit dem Fahrrad durchqueren lässt. Was aber auch gut ist: man muss morgens nicht noch früher aufstehen, um die halbe Stunde U-Bahn-Fahrt einzuplanen.

Wenn ich meine Bachelorarbeit in einem Coffeeshop geschrieben hätte, wäre sie wahrscheinlich gar nicht fertig geworden und ich wäre arm, wenn ich für jeden Filterkaffee 2 Euro hätte zahlen müssen.

Und wenn man krank wird, dann kommt man sich schnell ziemlich alleine und hilflos vor, ohne Mama, die sich um einen kümmert.

Doch es ist wunderschön, ausgezogen zu sein.

Schön, auf eigenen Beinen zu stehen und seine Hemden selber bügeln zu können. Schön, sich so anziehen zu können, wie man möchte, und schön, in einer Stadt zu wohnen, die das Beste aus Groß- und Kleinstadt vereint. Schön, dass man immer, auch wenn man krank ist, nach Hause kommen kann und es so ist, wie es immer war.

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